„Der Kontakt mit Behörden wird unkomplizierter und moderner“
Die Registermodernisierung, kurz RegMo genannt, ist eine hochkomplexe Aufgabe. Sie wird die öffentliche Verwaltung und ihre IT-Dienstleister die nächsten Jahre umtreiben. Bei der Komm.ONE kümmert sich Portfoliomanager Dr. Georg Dinter darum. Auf dem Kongress Baden-Württemberg 4.0 nahm er an einer entsprechenden Podiumsdiskussion teil. Im Interview verrät er mehr zum Thema.
Sie haben am Fachforum zur Registermodernisierung mitgewirkt: ein sehr wichtiges Thema für die Verwaltungs-Digitalisierung. Was genau ist darunter zu verstehen?
Wenn die Registermodernisierung eines Tages abgeschlossen ist, bedeutet das: Sie brauchen dann beispielsweise für die Beantragung von Verwaltungsleistungen keine Geburtsurkunde ihrer Kinder, keine Ehebescheinigung oder ähnliche Nachweise mehr. Die Sachbearbeiterin oder der Sachbearbeiter zieht diese Informationen einfach selbst aus den Datenbeständen des Standesamts.
Stand heute geht das leider noch nicht so einfach. Der Verwaltung liegen zwar viele Daten der Bürgerinnen und Bürger bereits vor. Sie befinden sich jedoch in unterschiedlichen Registern, die je nach Zuständigkeit und Region an verschiedenen Stellen betrieben werden.
Zukünftig sollen Behörden aber in der Lage sein, auf die erforderlichen und bereits irgendwo vorhandenen Informationen zuzugreifen, wenn Bürgerinnen und Bürger mit einem Anliegen zu ihnen kommen. Um das zu ermöglichen, sind verschiedene technische, organisatorische und rechtliche Maßnahmen notwendig. Diese bezeichnet man zusammengefasst als sogenannte Registermodernisierung.
Der Kontakt mit Behörden wird durch sie insgesamt unkomplizierter und moderner für die Bürgerinnen und Bürger. Und auch umgekehrt verringert die Registermodernisierung an vielen Stellen den Aufwand für die Verwaltung, zum Beispiel bei Volkszählungen. Diese können automatisch auf Basis der vorhandenen Registerdaten durchgeführt werden. Es braucht dann keine stichprobenartigen Umfragen und Hochrechnungen mehr dafür.
Welche Rolle kommt der Komm.ONE bei der Registermodernisierung zu?
Die Komm.ONE ist die zentrale IT-Dienstleisterin aller Kommunen in Baden-Württemberg. Deshalb führen wir für unsere Mitglieder und Kunden derzeit viele technische Testprojekte durch, um Erfahrungen zu sammeln und die anstehenden Aufgaben der Komm.ONE zu erlernen.
Wir testen aber natürlich genauso die Aufgaben, die auf die Kommunen zukommen, und entwickeln aus den Erkenntnissen Dienstleistungsangebote, die für unsere Mitglieder und Kunden die Registermodernisierung einfacher gestalten werden.
Und nicht zuletzt informiert die Komm.ONE ihre Gemeinden auch regelmäßig, zum Beispiel über aktuelle Ergebnisse oder neue Überlegungen. Dadurch können die Gemeinden sich rechtzeitig und koordiniert an die Aufgaben zur Umsetzung der Registermodernisierung machen.
All das machen wir in enger Abstimmung mit dem Innenministerium von Baden-Württemberg, speziell der dortigen RegMo-Koordinatorin Margarete Jagusch, und den drei kommunalen Landesverbänden, dem Landkreistag, dem Städtetag und dem Gemeindetag.
Was können Kommunen tun? Haben Sie Empfehlungen?
Aktuell fallen konkrete Empfehlungen noch sehr schwer, weil die Informationen und Grundlagen im Augenblick noch nicht ausreichen. Daran arbeiten wir, damit wir Anfang kommenden Jahres konkreter werden können. Wir hoffen, dass viele Kommunen in Baden-Württemberg, an der Register-Inventur des Innenministeriums teilgenommen haben. So bekommen wir die notwendigen Informationen für die weiteren Planungen.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt raten wir den Kommunen, die Informationen, die das Innenministerium, die Kommunalen Landesverbände und die Komm.ONE bereitstellen, genau zu verfolgen. Damit sie mitbekommen, wie sich die Registermodernisierung weiterentwickelt und konkretisiert.
Außerdem regen wir an, dass sie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sensibilisieren, wie wichtig es ist, auf eine korrekte und vollständige Datenerfassung zu achten. Wenn heute im Tagesgeschäft Fehler auffallen, sollten diese als vorbereitende Maßnahme direkt korrigiert werden. Falls Daten voneinander abweichen, erschwert dies später eine automatisierte Zuordnung der Identifikationsnummer und weiterer Basisdaten.
Lohnend ist mit Sicherheit, auch einmal zu prüfen und kritisch zu hinterfragen, ob der Betrieb von Registern und individuellen Onlinediensten in den eigenen Verwaltungen grundsätzlich wirklich erforderlich ist. Denn zentral betriebene Lösungen mit vielen Nutzern werden den Kommunen die Registermodernisierung erheblich erleichtern. Sie müssen hier viel weniger Aufgaben selbst übernehmen. Deshalb können solche Dienste eine gute, praktikable Alternative zu den selbstbetriebenen sein, mal abgesehen von finanziellen Vorteilen, die dadurch entstehen können.
Was braucht es, Ihrer Meinung nach vor allem, um die Registermodernisierung möglichst schnell auf den Weg zu bringen?
Realistisch betrachtet muss ich Ihnen sagen, dass das alles schnell gar nicht gehen wird. Der Grund dafür ist vor allem, dass für die Registermodermodernisierungen an verschiedenen Stellen Gesetze und Verordnungen auch noch angepasst werden müssen. Deshalb brauchen wir vor allem eine übergreifende Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern, Kommunen und ihren Dienstleistern.
Sie fanden die Themen der Komm.ONE-Experten auf dem Kongress Baden-Württemberg 4.0 interessant und möchten mehr darüber erfahren? Dann lesen Sie auch das Interview mit Andreas Neumann, Centerleiter für Integration-, Security- und Application Management, zum Thema digitale Resilienz.
